Aserbaidschan 0:1 Österreich

Nur 10 Stunden nach der Ankunft mit dem Bus vom Spiel gegen Belgien ging es für uns kurz nach Mittag erneut nach Wien. Dieses Mal aber nicht ins Happel-Oval, sondern Richtung Flughafen. Das möglicherweise entscheidende EM-Quali-Spiel gegen Aserbaidschan in Baku stand auf dem Programm. Insgesamt machten sich von uns 14 Personen auf 3 verschiedenen Routen auf den Weg in den Kaukasus. Eigentlich hätten wir 15 sein sollen, jedoch hat Stefan, wie schon gegen Belgien, kurzfristig absagen müssen. Er ist eigentlich einer, der Kriegsgebiete (Anm. kriegerische Auseinandersetzung in Berg-Karabach einige Wochen vor dem Match), wie damals Palästina, gerne besucht, jedoch hat der Onkel eindeutig die Vormundschaft übernommen.

 

Die Hauptbesetzung rund um unseren Capo machte sich eben mit einem Auto auf Richtung Flughafen Wien. Eigentlich wären wir, wie viele andere Österreich, von Budapest direkt geflogen, jedoch aufgrund der Flugzeitverschiebung entschlossen wir uns für eine andere Route. Dafür konnten wir das Belgien-Match zur Gänze sehen und unsere Gäste mit dem Bus nach Hause begleiten. Somit flogen wir zuerst einmal in die Türkei, an den Bosporus nach Istanbul. Leider war es schon spätabends als wir ankamen. Die Taxifahrt war dafür ein Klassiker. 5 Fahrgäste + 1 Taxler machen 6 Leute. In einem 5-Sitzer fehlt somit ein Platz. Kurzerhand sagt der Taxler, es müssen 4 nach hinten. Somit schwang sich unsere Dame auf die Oberschenkel unseres Doktors. Ein Wurzerl blieb aus, stattdessen ein beträchtliches Engegefühl bei den 4 Leuten auf der Rückbank. Dafür überraschte uns eine feine, preiswerte Unterkunft und ein ebenso gutes Restaurant mit einheimischer Küche. Wir verzerrten genüsslich die Speise Menemen und wurden vom Hausherren auf einen Tee eingeladen. Der Song: "Heute fährt die 18 bis nach Istanbul", ertönte auch aus unserem Handy.

 

Nach dem Frühstück mussten wir abermals zum Flughafen. Die Rezeptionistin in der Türkei verstand aber kein Englisch. Somit musste unser Capo mit seinen 12 Jahre alten, verrosteten Russisch ein Taxi bestellen. Bolschoi Taxi ist aber dennoch in der Türkei ein Auto in der Größenordnung eines Fiat 500. Somit hieß es wieder für 4 Leute ab auf die Rückbank. Daniel, der nur 30€ für den Zwischenstopp in der Türkei wechseln ließ, wurde zuerst von den Mitreisenden etwas verschmäht. Schlussendlich war er der einzige, der sich am Flughafen nichts mehr kaufen musste, um die Türkischen Lira aufzubrauchen. Somit hat unser Sparmeister aus Enns alles richtig gemacht.

 

Am Istanbuler Flughafen durften wir noch eine Horde junger Männer beobachten, die sich dort die Haare transplantieren hatten lassen. Aus dubiosen Kreisen erfuhren wir, dass ein ehemaliges, nicht mehr erwünschtes Mitglied ebenfalls von akuten Haarausfall betroffen war und dort ein zahlungskräftiger Kunde war.

 

Im Anschluss hoben wir Richtung Kaspisches Meer ab. Man merkte schon, dass die Insassen der Maschine nicht so oft mit dem Flugzeug fliegen, als wir. Einer machte Sekunden nach dem Start einfach die Gepäcklade auf, sodass ein Koffer fast rausfiel. 

 

In Baku angekommen, ging es das erste und einzige Mal mit einem großen Taxi Richtung Innenstadt, wo unser Apartment lokalisiert war. Zuerst hieß es mal 30 Minuten auf den schielenden Besitzer samt seinem Sextoy zu warten. Dann führte er uns via Hinterhof in den Hauseingang. Unser Capo schrie schon lautstark: "Außen hui, innen pfui!" Dem war nur bedingt so. Die Unterkunft war sehr geräumig. Die Betten leider nicht mehr im Idealzustand, aber im Großen und Ganzen ok. Womöglich hatte der Besitzer mit seiner jungen Begleitung einige Übungsstunden auf den Betten vollbracht. Von einer zweiten FoT-Umfeld-Crew erfuhren wir, dass deren Apartment noch mit benutzten Kondomen dekoriert war. Schön war der Klang von den kaukasischen Straßenmusikern, den wir auf unseren Balkonen vernommen hatten. Einmal tief durchatmen, aufsaugen und das Leben genießen! Ja Leben genießen im Kaukasus! Geht oft besser, als im Stress zu Hause.

 

Besonders hervorzuheben waren die Lokale und das Essen in Baku. Überall etwas günstiger als in Österreich und sehr sehr lecker. Auch das heimische Bier um 3,30€ vom Fass wusste zu überzeugen. Somit verabredeten wir uns mit unserem Wahl-Salzburger-Mitglied und zogen noch etwas durch die Nacht in Baku. Am Meer konnten wir die wunderschönen, beleuchteten Hochhäuser begutachten. Die Altstadt war ebenso ein Teil unseres Rundgangs. Echt fein, was wir so zu bestaunen bekamen. Zudem wurde eine Shisha von den Nicht-Rauchern konsumiert. Zum Abschluss wurden dann noch die Hosen runtergelassen. Nein, nicht bei den von manchen Leuten vergeblich gesuchten billigen Frauen, sondern zu Hause im Apartment beim Kartenspielen. Alle bis auf unseren Unglücksraben Daniel durften sich über einen Sieg beim Hosn Owi Spiel freuen. Kurz vor 1 Uhr nachts hieß es dann ab in die Heier, damit wir fit für den Matchtag waren.

 

Am Spieltag erkundeten wir die Stadt bei Tageslicht. Zuerst ging es für uns mit dem Bus zum Yazil Bazar, einem Lebensmittelmarkt. Mit dem Bus durften wir gratis fahren, weil wir uns absichtlich so dumm anstellten, um kein Ticket lösen zu müssen. Der Schmäh ging schon in Stockholm auf. Am Bazar erfreuten wir uns vor allem an sehr köstlichen Nüssen. Daniel bekam auch noch sein prophezeites Foto mit einem geschächteten Lamm. Relativ unappetitlich das Ganze. Im Anschluss spazierten wir Richtung Formel 1 Boxengasse. Hier konnte wir die Start-Ziel-Linie und die Boxen begutachten. Ein emotionaler Moment für die Formel 1 Fans unter uns. Nach einem guten Mittagessen beim aserbaidschanischen Mc Donald's, tranken wir noch 2 Bier mit unseren Bekannten aus dem Innviertel. Anschließend rasteten wir noch einige Minuten und spielten noch drei Kartenrunden, wieder mit schlechten Ausgang für Daniel. Viel Lehrgeld, dass er bezahlen musste.

 

Mit der U-Bahn verlegten wir unseren Standort nun zum Tofiq-Behramov-Stadion, welches mit einer beeindruckenden Fassade ausgestattet war. Man kam sich vor, als würde man in einer Festung spielen, welche wir heute erobern wollten. Der Sektor war etwas eng gestaltet und mit Polizisten überbevölkert. Somit mussten wir unsere Fetzen über mehrere Reihen auflegen. Insgesamt fanden sich ca. 250 Österreicher im Block ein. Megafon und Trommeln waren in Baku leider nicht erlaubt, somit versuchten wir nur mit unserer Stimme und unseren Händen die Jungs am Feld anzufeuern. Einen Vorschreier gab es heute nicht, sondern wir teilten es uns fair unter den mitgereisten Capos auf.

 

Spielerisch hatte die erste Hälfte wenig zu bieten. Einige Halbchancen wurden unsererseits nicht genutzt. Die Aseris kamen überraschend oft vor unser Tor, jedoch kam nie etwas Zählbares dabei raus. Somit ging es mit einem etwas ernüchternden 0:0 in die Halbzeit. Der Support war bis dahin in Ordnung.

 

Mit dem Seitenwechsel wurden 3 frische Kräfte gebracht. Einer davon, unser Aktivposten Marcel Sabitzer, welcher einen Freistoß auf die Hand eines Aserbaidschaners setzte - Elfmeter! Der Block im Freudentaumel. Marcel Sabitzer Sprechchöre wurden angestimmt! Wie schon gegen Belgien, trat er an und versenkte das Ding, wenngleich der Keeper am Ball dran war. 1:0 für Österreich, in der Fremde in Baku! Die 250 Österreicher am Durchdrehen und Feiern mit der Mannschaft. Die ersten Grußbotschaften an unseren nördlichen Nachbarn waren die Folge. Im Anschluss hätten wir noch auf 2:0 erhöhen können, jedoch blieben die wenigen Chancen ungenützt. Der Block war mittlerweile sich des Sieges sicher, als die Aseris in der Nachspielzeit vor dem Tor von Schlager auftauchten. Gott sei Dank konnte deren Stürmer die 100%ige Chance nur an die Stange knallen. Glück für uns. So schnell hät die Party ein Ende finden können. Heimkehrer Guido Burgstaller holte sich mit seinem knapp 10-minütigen Einsatz auch noch die Gelb-Rote Karte, um Zeit zu schinden. Dann ertönte der Schlusspfiff. Sieg in Baku, Qualifikation geschafft, Deutschland wir kommen! Jetzt stieg die große Party im Block und auf der Laufbahn mit den Spieler, welche ihre Trikots und neu gedruckte EM-Leiberl in den Sektor warfen. Unser Capo fing das Lienhart-Trikot, 2 weitere Leute die EM-Leiberl. Ein Lied nach dem anderen wurde gemeinsam mit der Mannschaft zelebriert. Ein unglaubliches Gefühl, welches durch unseren Körper strömte. Dafür arbeitet man hart, dafür entbehrt man viele Dinge, dafür lebt man einfach, für unser Team, für diese Leidenschaft! Auch unser Teamchef wurde noch gefeiert. Unter ihm haben wir doch großteils einen mitreißerenden Fußball erlebt. So darf es weitergehen!

 

Nach dem Match, wie soll es anders sein, fuhren wir zu 4. auf der Rückbank Richtung Hotel, wo wir noch ein Bierchen auf die Quali tranken. Es war jedoch kein leichtes Unterfangen in die Unterkunft zu kommen. Die uralten Tore beim Hauseingang versperrten uns den Weg ins Apartment. Mit aller Gewalt versuchten die vier halbstarken Männer das Gitter zu durchbrechen, jedoch keine Chance. Dann schalteten sie den Modus im Gehirn von Neandertaler auf Neuzeitmensch um und die Türe ließ sich mit einem Handgriff öffnen. Schon amüsant, wenn der Österreicher in Baku einbricht. Normal ist es eher umgekehrt.

 

Um Mitternacht hatte unser Capo dann Geburtstag und empfing zahlreiche Gratulationen. Auch eine Kakerlake im Zimmer beglückwünschte unser Burzelkind. An schlafen war jetzt nicht zu denken. Somit wieder raus aus dem Apartment und rein ins nächste Beisl, wo es Paulaner vom Fass gab. Die kurze Nacht wurde durchgemacht und um 2 Uhr früh, transferierte uns ein Taxi abermals mit 4 Leuten auf der Rückbank Richtung Baku Airport. Harti war so müde, dass er sich über alle 6 Füße legte und einschlief.

 

Bei den beiden Heimflügen via Athen wurde vorwiegend geschlafen. Amüsant war noch ein südlich des Äquators lebender Afrikaner, der kurz nach dem Start von Reihe 4 zurück auf die Toilette gehen wollte. Als ihm die Stewardess sein Vorhaben in Reihe 25 untersagte, musste er wie ein Bergsteiger vom Kilimandscharo rauf Richtung Reihe 4 stapfen. Ein Bild für Götter, welches uns einen Lachanfall bescherte. Manche Leute sitzen wirklich das erste Mal in einem Flugzeug.

 

In Wien angekommen, fuhren wir schnurstracks nach Hause. Ein bisserl wurde noch der Geburtstag gefeiert, ehe sich alle auf Regeneration einstellten. Was blieb vom Trip nach Baku? Eine erfolgreiche EM-Quali, eine Last die von unseren Schultern viel, viele schöne Eindrücke von der Stadt und das Bewusstsein, mit der bedingungslosen Unterstützung unseres Teams, den richtigen Lebensweg eingeschlagen zu haben! Im November geht es noch mit einem Quali-Spiel in Tallinn gegen Estland und einem pikanten Testspiel gegen Deutschland in Wien weiter. Wir freuen uns darauf! Für immer und ewig und überall fürs Team! Forza FoT!